"100 Eyes for One Eye“
„100 Augen für ein Auge“
G a z a / B e t h l e h e m – Die einzige Baptistengemeinde im Gaza-Streifen in Gaza-Stadt hat bei einem israelischen Angriff leichte Schäden erlitten. Ziel war eine Polizeistation, die sich gegenüber der Gemeinde befindet. Sie wurde total zerstört. Ein in der Nachbarschaft lebendes Gemeindemitglied berichtete telefonisch davon, dass Gott das Gemeindezentrum bewahrt habe. Nur einige Fensterscheiben seien zerstört worden. Der Augenzeuge widersprach damit internationalen Presseberichten, nach denen die Baptistengemeinde bereits am Tag des ersten Angriffs der Israelis auf den Gaza-Streifen zerstört worden sein soll. Das geistliche Leben der Gemeinde ist aber auch vor dem Angriff fast zum Erliegen gekommen. Sieben Familien, darunter auch die von Pastor Hanna Massad, sind ins Westjordanland und ins Ausland geflohen, nachdem sie von militanten islamischen Extremisten wiederholt bedroht worden waren. Unter den 1,5 Millionen Bewohnern des Gaza-Streifens leben aufgrund des Drucks der dort herrschenden radikal-islamischen Hamas-Bewegung nur noch wenige Hundert Christen.
Unterdessen hat der Baptistenpastor und Dekan am Bibel Colleg in Bethlehem, Alex Awad, scharfe Kritik am israelischen Angriff geübt. Er bezweifele nicht, dass die von der Hamas vom Gaza-Streifen aus abgeschossenen Kassam-Raketen in Israel für Leid und Furcht sorgten. Israel habe sicher das Recht, sich zu verteidigen. Doch der Angriff sei „wie immer in dem Konflikt zwischen der Hamas und Israel völlig überzogen“. Wörtlich schreibt Awad in einem im Internet verbreiteten Rundbrief: „’Auge um Auge’ – das reicht nicht. Es geht eher um 100 Augen für ein Auge und 100 Zähne für einen Zahn.“ Awad erinnert an den Angriff Israels auf den Libanon im Juni 2006, als Israel das Land mit Millionen international geächteter Streubomben übersäht habe, die noch heute unschuldige Menschen töteten. Awad schreibt weiter: „Was mich am meisten an diesem Krieg schmerzt, ist die Tatsache, dass die meisten Opfer normale Leute sind – Männer, Frauen und Kinder – die unter schweren Bedingungen der Belagerung durch Israel nur überleben wollen.“ Seit 40 Jahren leide der Gaza-Streifen unter der Besetzung durch Israel. Die Israelis hätten Gaza „in das größte Open-Air-Gefängnis der Welt“ verwandelt. Awad regt an, dass Israel statt auf Gewalt auf Verhandlungen setzen sollte. Dazu gehöre es unter anderem, die UN-Resolutionen umzusetzen, die Besetzung des Westjordanlandes zu beenden und die Grenzen zum Gaza-Streifen zu öffnen. Die Machtübernahme der Hamas im Gaza-Streifen stehe in engem Zusammenhang mit den endlosen Friedensverhandlungen Israels und der USA mit moderaten Palästinensern, die ein Machtvakuum hinterlassen hätten. So lange Israel immer wieder Hindernisse im Friedensprozess aufstelle, werde es immer wieder zu neuen Gewaltausbrüchen im Nahen Osten kommen. Awad ruft zum Gebet für die Zivilisten auf beiden Seiten auf. Doch darüber hinaus gelte es, nach einer politischen Lösung zu suchen. Christen müssten ihre gewählten Volksvertreter mit „einem Sperrfeuer“ von Briefen eindecken, in denen sie darauf drängen, „diese menschliche Tragödie“ zu beenden.