175 Years Baptists in Germany: Facing New Challenges
175 Jahre Baptisten in Deutschland: Vor neuen Herausforderungen
Hamburg - Neuer Präsident des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland ist Pastor Hartmut Riemenschneider (Marl). Der 50-jährige war bisher Vizepräsident der Freikirche, die zu 90 Prozent aus Baptisten- und zu 10 Prozent aus Brüdergemeinden besteht. Auf der Bundesratstagung vom 20. bis 23. Mai in Hamburg wurde er zum Nachfolger von Diakoniedirektor Emanuel Brandt (Hamburg) gewählt, der aus gesundheitlichen Gründen sein Amt zur Verfügung gestellt hatte. Er zeigte sich davon überzeugt, dass der Bund für die Herausforderungen der Zukunft "gut aufgestellt" sei. Es gelte, dicht bei Jesus zu bleiben und sich an ihm zu orientieren. Neue Vizepräsidentin wurde die Personalleiterin Renate Girlich-Bubeck (Backnang). Im Mittelpunkt des Treffens mit bis zu 1.500 Besuchern stand das 175-jährige Gründungsjubiläum der ersten deutschen Baptistengemeinde in Hamburg. Die Gemeinde war von dem Hamburger Kaufmann Johann Gerhard Oncken (1800-1884) gegründet worden, nachdem er zuvor mit sechs weiteren Täuflingen von einem amerikanischen Missionar in der Elbe getauft worden war.
Europa wird heidnischer
Der Präsident der Europäischen Baptistischen Föderation (EBF), der kroatische Baptistenpastor Toma Magda (Cakovec), erklärte, dass heute Europa ein immer stärker heidnisch geprägter Kontinent werde. Die Baptisten ständen heute deshalb vor ähnlichen missionarischen Herausforderungen ständen wie vor 175 Jahren. Magda verwies auf eine widersprüchliche Entwicklung. Einerseits würden die Länder Europas immer demokratischer, liberaler und toleranter, doch andererseits müssten Christen mit immer mehr Widerstand rechnen, wenn sie den gekreuzigten Christus als einzigen Weg zu Gott predigten. Allein Jesus Christus könne “die Menschen heute retten”.
“Was willst du für Christus tun?”
EBF Generalsekretär Dr. Tony Peck (Prag) erinnerte in der Festpredigt ebenfalls an Oncken. Eine Frage, die Oncken seinerzeit Täuflingen gestellt habe, habe bis heute nichts an Aktualität verloren: “Was willst du für Christus tun?” Christen müssten sich heute mit allen großen Themen der Zeit befassen und versuchen, sie positiv im Sinne des Evangeliums zu verändern. Den Sohn Gottes allein abgeschlossen hinter Kirchenmauern zu feiern und zu ehren, sei nicht Auftrag der Christen. Peck erläuterte die Bedeutung des Himmelfahrt-Feiertages, an dem Jesus Christus nach den Aussagen der Bibel gen Himmel gefahren ist. Der Tag wolle daran erinnern, dass der Sohn Gottes heute “die ganze Welt mit seiner Gegenwart erfüllt”. “Es gibt heute auf der ganze Erde keinen Ort, wo Jesus Christus nicht gefunden werden kann”, sagte Peck.
Bischöfin: “Ich kann mich nur schämen...”
Die Bischöfin der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, Maria Jepsen (Hamburg), entschuldigte sich bei den Baptisten für Diskriminierungen und Verfolgungen in der Gründungszeit. “Ich kann mich nur dafür schämen, dass wir als lutherische Kirche gesagt haben, dass Oncken und seine Anhänger Sektierer waren.” “Wir haben versagt und uns unchristlich verhalten”, sagte sie. In der Missionsstadt Hamburg und dem Missionsland Deutschland müssten Christen heute gemeinsam ihren “Glauben lebendig und begeistert” weitersagen. In einem schriftlichen Grußwort gratulierte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel den Baptisten zum Geburtstag: “Dankbar sehe ich, wie viele Baptisten aus dem Glauben heraus sich für ein menschliches Miteinander einsetzen.”
Nicht an negativen Zahlen, sondern am Auftrag orientieren
Auf dem Treffen wurde bekannt, dass der Bund kleiner wird. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Gemeinden um acht auf 828 und die Zahl der Mitglieder um 351 oder 0,4 % auf 83.747 gesunken. Auch die Zahl der Taufen erreichte mit 1.978 einen neuen Tiefstand seit 1995. Pastor Friedrich Schneider (Oldenburg) rief die Delegierten dazu auf, sich nicht an den „negativen Zahlen“ zu orientieren, sondern statt dessen Hoffnung zu vermitteln und am Missionsauftrag festzuhalten.
Bewegung oder etablierte Freikirche?
In der Aussprache meinte der Sprecher der Geistlichen Gemeindeerneuerung in der Freikirche, Pastor Dr. Heinrich Christian Rust (Braunschweig), dass eine Trendwende in der Statistik nicht damit zu erreichen sei, indem man dazu aufrufe, missionarischer zu sein oder mehr die Bibel zu lesen. Man müsse sich eher grundsätzlich fragen, ob Freikirchen „ein Modell für die Zukunft“ seien. Nach seiner Einschätzung stehe die baptistische Bewegung am Scheideweg, ob man sich als Bewegung im Reich Gottes mit „vielen unterschiedlichen Formen“ verstehe oder eher als etablierte Freikirche mit einem scharfen konfessionellen Profil.
Für Lebensstil in der Nachfolge des Gekreuzigten
Gegen den Trend zu Wohlfühlgemeinden hat sich der neue Leiter des Dienstbereichs Mission, Christoph Stiba, gewandt. Es gelte, sich diesem Zeitgeist zu widersetzen. Statt „in frommen Kuschelclubs zu singen und zu beten“, wolle man den Gemeindemitgliedern „das Leben in der Nachfolge des Gekreuzigten lieb und wert machen“. Pastor Manfred Beutel unterstrich die Notwendigkeit der Evangelisation: „Evangelisation ist der Weg der Freude Gottes zu den Menschen.“ Die Leiterin des Seniorenwerks, Irmgard Neese (Elstal), machte auf einen Widerspruch aufmerksam: „Alle Gemeinden wollen Seniorengruppen haben, aber keiner will hingehen.“ Selbst 70-Jährige ließen sich heute nicht in Seniorenkreise einladen.
Sichere Gemeinden für Kinder und Jugendliche
Das Gemeindejugendwerk (GJW) stellte sein neues Programm „Auf dem Weg zur sicheren Gemeinde“ vor. Fragen des Kinder- und Jugendschutzes müssten auch die Gemeinden bewegen, sagte der neue GJW-Leiter Christian Rommert. Zu dem Programm gehört auch ein „Verhaltenscodex“, der für GJW-Mitarbeiter bei Tagungen und Freizeiten verbindlich sein.
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Europa wird heidnischer
Der Präsident der Europäischen Baptistischen Föderation (EBF), der kroatische Baptistenpastor Toma Magda (Cakovec), erklärte, dass heute Europa ein immer stärker heidnisch geprägter Kontinent werde. Die Baptisten ständen heute deshalb vor ähnlichen missionarischen Herausforderungen ständen wie vor 175 Jahren. Magda verwies auf eine widersprüchliche Entwicklung. Einerseits würden die Länder Europas immer demokratischer, liberaler und toleranter, doch andererseits müssten Christen mit immer mehr Widerstand rechnen, wenn sie den gekreuzigten Christus als einzigen Weg zu Gott predigten. Allein Jesus Christus könne “die Menschen heute retten”.
“Was willst du für Christus tun?”
EBF Generalsekretär Dr. Tony Peck (Prag) erinnerte in der Festpredigt ebenfalls an Oncken. Eine Frage, die Oncken seinerzeit Täuflingen gestellt habe, habe bis heute nichts an Aktualität verloren: “Was willst du für Christus tun?” Christen müssten sich heute mit allen großen Themen der Zeit befassen und versuchen, sie positiv im Sinne des Evangeliums zu verändern. Den Sohn Gottes allein abgeschlossen hinter Kirchenmauern zu feiern und zu ehren, sei nicht Auftrag der Christen. Peck erläuterte die Bedeutung des Himmelfahrt-Feiertages, an dem Jesus Christus nach den Aussagen der Bibel gen Himmel gefahren ist. Der Tag wolle daran erinnern, dass der Sohn Gottes heute “die ganze Welt mit seiner Gegenwart erfüllt”. “Es gibt heute auf der ganze Erde keinen Ort, wo Jesus Christus nicht gefunden werden kann”, sagte Peck.
Bischöfin: “Ich kann mich nur schämen...”
Die Bischöfin der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, Maria Jepsen (Hamburg), entschuldigte sich bei den Baptisten für Diskriminierungen und Verfolgungen in der Gründungszeit. “Ich kann mich nur dafür schämen, dass wir als lutherische Kirche gesagt haben, dass Oncken und seine Anhänger Sektierer waren.” “Wir haben versagt und uns unchristlich verhalten”, sagte sie. In der Missionsstadt Hamburg und dem Missionsland Deutschland müssten Christen heute gemeinsam ihren “Glauben lebendig und begeistert” weitersagen. In einem schriftlichen Grußwort gratulierte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel den Baptisten zum Geburtstag: “Dankbar sehe ich, wie viele Baptisten aus dem Glauben heraus sich für ein menschliches Miteinander einsetzen.”
Nicht an negativen Zahlen, sondern am Auftrag orientieren
Auf dem Treffen wurde bekannt, dass der Bund kleiner wird. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Gemeinden um acht auf 828 und die Zahl der Mitglieder um 351 oder 0,4 % auf 83.747 gesunken. Auch die Zahl der Taufen erreichte mit 1.978 einen neuen Tiefstand seit 1995. Pastor Friedrich Schneider (Oldenburg) rief die Delegierten dazu auf, sich nicht an den „negativen Zahlen“ zu orientieren, sondern statt dessen Hoffnung zu vermitteln und am Missionsauftrag festzuhalten.
Bewegung oder etablierte Freikirche?
In der Aussprache meinte der Sprecher der Geistlichen Gemeindeerneuerung in der Freikirche, Pastor Dr. Heinrich Christian Rust (Braunschweig), dass eine Trendwende in der Statistik nicht damit zu erreichen sei, indem man dazu aufrufe, missionarischer zu sein oder mehr die Bibel zu lesen. Man müsse sich eher grundsätzlich fragen, ob Freikirchen „ein Modell für die Zukunft“ seien. Nach seiner Einschätzung stehe die baptistische Bewegung am Scheideweg, ob man sich als Bewegung im Reich Gottes mit „vielen unterschiedlichen Formen“ verstehe oder eher als etablierte Freikirche mit einem scharfen konfessionellen Profil.
Für Lebensstil in der Nachfolge des Gekreuzigten
Gegen den Trend zu Wohlfühlgemeinden hat sich der neue Leiter des Dienstbereichs Mission, Christoph Stiba, gewandt. Es gelte, sich diesem Zeitgeist zu widersetzen. Statt „in frommen Kuschelclubs zu singen und zu beten“, wolle man den Gemeindemitgliedern „das Leben in der Nachfolge des Gekreuzigten lieb und wert machen“. Pastor Manfred Beutel unterstrich die Notwendigkeit der Evangelisation: „Evangelisation ist der Weg der Freude Gottes zu den Menschen.“ Die Leiterin des Seniorenwerks, Irmgard Neese (Elstal), machte auf einen Widerspruch aufmerksam: „Alle Gemeinden wollen Seniorengruppen haben, aber keiner will hingehen.“ Selbst 70-Jährige ließen sich heute nicht in Seniorenkreise einladen.
Sichere Gemeinden für Kinder und Jugendliche
Das Gemeindejugendwerk (GJW) stellte sein neues Programm „Auf dem Weg zur sicheren Gemeinde“ vor. Fragen des Kinder- und Jugendschutzes müssten auch die Gemeinden bewegen, sagte der neue GJW-Leiter Christian Rommert. Zu dem Programm gehört auch ein „Verhaltenscodex“, der für GJW-Mitarbeiter bei Tagungen und Freizeiten verbindlich sein.