Considering the command to love our enemies in relating to Muslims

Im Umgang mit Muslimen am Gebot der Feindesliebe orientieren

Klaus Rösler - July 17, 2012

B e i r u t – Im Umgang mit Muslimen und dem Islam sollten sich Christen am Gebot von Jesus Christus zur Feindesliebe (Lukas 6,27ff) und dem Appell des Apostels Paulus, Böses mit Guten zum überwinden (Römer 12,20-21), leiten lassen. Darin waren sich die Teilnehmer eines Runden Tisches der Abteilung „Theologie und Bildung“ der Europäischen Baptistischen Föderation (EBF) Mitte Juni in Beirut/Libanon einig. Eine von Angst geprägte und Ohnmacht auslösende Berichterstattung sei schädlich. Wichtig sei es vor allem, liebevolle Beziehungen zu Muslimen zu knüpfen. Zugleich dürften aber auch Probleme, die von einer radikalen islamistischen Staatsgewalt ausgingen, nicht marginalisiert werden. Im Mittelpunkt der Beratungen stand die Frage, wie Baptistengemeinden in sich verändernden Gesellschaften mit diesen ins Gespräch kommen. An dem Treffen am Arabischen Baptistischen Theologischen Seminar nahmen neben Vertretern aus dem Nahen Osten auch Teilnehmer aus Belgien, Deutschland, Estland und Moldawien teilen. Vorsitzende der Abteilung ist der estnische Theologe Toivo Pilli (Tartu), der auch den Runden Tisch leitete. Es war der dritte Runde Tisch, der sich mit dem Thema „Baptistengemeinden in sich verändernder Gesellschaft" beschäftigte. Das erste Treffen fand 2010 in Tallin (Estland) statt. Da ging es um die osteuropäische Perspektive. Das zweite Treffen 2011 in Elstal (Deutschland) befasste sich mit der westeuropäischer Perspektive, und das dritte nun in Beirut mit der Perspektive des Nahen Ostens.

Der ABTS-Professor für islamische Studien, Martin Accad, beleuchtete die Frage, wie Christen den arabischen Frühling bewerten können. Er erteilte Verschwörungstheorien eine Absage, nach denen die aktuellen Entwicklungen in der arabischen Welt vom Westen oder Osten gesteuert werden. Wie sollten Christen in diesen Ländern handeln? Es gehe darum, grundsätzlich nach selbstloser Gerechtigkeit zu suchen, mahnte Accad. Er wandte sich gegen eine Nützlichkeitsethik, die vor allem danach frage, unter welcher Regierung die Lage für die Christen am besten sei. Dies wäre ein egoistisches Verhalten. Gerade auch in Zeiten der Krise sollten sich Christen am Gebot der Nächstenliebe orientierten. Nach Einschätzung von Accad könne man derzeit im Blick auf Syrien nicht sagen, welche der beiden Bürgerkriegsparteien für Christen die bessere Option sei. Wichtig sei es, mit Offenheit und Respekt einander zu begegnen und so Brücken des gegenseitigen Verstehens aufzubauen. Für beispielhaft hält Accad eine Übereinkunft von fünf Muslimbrüdern mit 17 koptischen evangelischen Leitern in Ägypten. Sie hatten sich vor kurzem auf gemeinsame Werte verständigt.

Der ABTS-Dozent Arthur Brown stellte sein Forschungsprojekt vor, das sich mit der Frage befasst, wie eine evangelistische Arbeit unter jungen Menschen in einem multireligiösen, speziell in einem muslimischen Kontext angemessen aussehen kann. Einerseits möchten evangelische Christen im Libanon freimütig das Evangelium von Jesus Christus bekennen, zugleich wollen sie sensibel und wertschätzend mit den bestehenden Kulturen und Traditionen umgehen. Wie Brown sagte, will er aufzeigen, wie es möglich ist, Christus nachzufolgen und dabei kulturell muslimisch zu bleiben. Seine Forschungsarbeit gehört zu einem Projekt, das zu einer Promotion führen soll.
Der einst im Gaza-Streifen tätige Baptistenpastor Hanna Massad (Amman/Jordanien) berichtete über seine Arbeit unter Flüchtlingen in Jordanien. Um den Menschen in Not zu dienen, sei eine Haltung der Vergebung und Liebe nötig.

Von einer wegweisenden Entwicklung in Moldawien berichtete der dort tätige Pastor Victor Ormanzhi. An der Hochschule für Theologie und Bildung in der Hauptstadt Kishinev würden Christen besonders für die missionarische Arbeit unter Muslimen in Zentralasien ausgebildet. Studenten aus über 20 Nationen der ehemaligen Sowjetunion seien dort eingeschrieben. Bemerkenswert ist nach Angaben die Ausbildung gerade auch deshalb, weil es in Moldawien keine Moschee gibt und der Islam erst 2012 als Religionsgemeinschaft offiziell registriert wurde.

Im Anschluss an den runden Tisch der EBF schloss sich die 9. Konferenz des Mittleren Ostens an. Diese beschäftigte sich mit der Lage der bis zu 350.000 palästinensischen Flüchtlinge im Libanon. „Entscheidend für die Begegnungen ist Respekt. Wir werden als Christen immer mehr wahrgenommen als Menschen, die der Gesellschaft dienen wollen und es nicht für uns selbst tun.“, so Alia E. Abbound, die Direktorin für Entwicklung und Partnerschaften der Libanesischen Geselschaft für Erziehung und soziale Entwicklung (LSESD).

Aus Deutschland nahm der Elstaler Alttestamentler Prof. Michael Rohde an dem Treffen teil. Wie er der GEMEINDE mitteilte, sei er positiv überrascht vom harmonischen Miteinander von Christen und Muslimen im Libanon. Er habe an einer Feier teilgenommen, bei der 100 Kinder aus der Vorschule der Beiruter Baptistischen Schule verabschiedet wurden. Daran hätten 300 Erwachsene teilgenommen. 90 Prozent seien Muslime gewesen. Sie würden ihre Kinder gerne auf diese baptistische Privatschule schicken, obwohl sie unterschreiben mussten, dass diese dort nach christlichen Werten erzogen werden.
 

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