Ecumenical Conclusion: “We Are Still Divided”
Ökumene-Bilanz: „Wir sind noch getrennt“
H e r m a n n s t a d t – Die Kirchen in Europa sollten verstärkt zusammenarbeiten. Das wird in einer gemeinsamen Botschaft mit zehn Empfehlungen angeregt, mit der die 3. Europäische Ökumenische Versammlung im rumänischen Hermannstadt (Sibiu) zu Ende gegangen ist. Unter dem Motto „Das Licht Christi scheint auf alle. Hoffnung auf Erneuerung und Einheit in Europa“ hatten vom 4. bis zum 9. September rund 2.500 Christen aus katholischen, evangelischen und orthodoxen Kirchen über politische und gesellschaftliche Fragen diskutiert und sich um die Annäherung der Kirchen bemüht. Auch zahlreiche Baptisten hatten an dem Treffen teilgenommen. In der gemeinsamen Botschaft der rund 1.500 Delegierten heißt es weiter, dass die Diskussion über die gegenseitige Anerkennung der Taufe fortgesetzt werden soll. Die Taufe sei eng mit einem Verständnis von Abendmahl, Amt und Kirche verbunden und könne dort vielleicht zu einem Durchbruch führen.
Eine EBF-Anregung eingebracht worden war, taucht aber in dem Abschlussdokument nicht auf. In einer eigenen Erklärung hatten die baptistischen Delegierten aus Deutschland, Georgien, Großbritannien, Italien, Russland, Schweden und Ungarn betont, dass sie keiner Erklärung zustimmen könnten, in der die Kindertaufe gleichwertig neben der Gläubigentaufe stehe, da sie die Kindertaufe als unbiblisch ablehnen: „Es ist sehr schwierig für Baptisten zu erkennen, wie die Berufung auf eine gemeinsame Taufe die Basis für die sichtbare Einheit der gesamten Kirchen werden kann.“ Eine gegenseitige Taufanerkennung sei aus baptistischer Sicht „nicht hilfreich“ und „ökumenisch spaltend“. Nicht nur Baptisten, die zwar in Europa eine Minderheit bildeten, aber weltweit die größte protestantische Denomination bildeten, würden dadurch ausgegrenzt, sondern auch andere Kirchen wie die Heilsarmee oder die Quäker, die keine Taufe praktizierten. Ausdrücklich baten die Baptisten darum, in der Abschlusserklärung von Hermannstadt die Probleme der Baptisten mit aufzugreifen. Dies sei leider nicht erfolgt, bedauerte der EBF-Generalsekretär, Tony Peck (Prag). Er kündigte an, über die Fragen der Taufe in Zukunft verstärkt innerhalb der Konferenz Europäischen Kirchen beraten zu wollen.
In der Abschlusserklärung wurde weiter gefordert, gemeinsame Aktivitäten der verschiedenen Kirchen zu verstärken. Genannt werden die theologische Ausbildung und ein gemeinsames Studium, ökumenische Pilgerreisen, soziale und diakonische Initiativen sowie kulturelle Projekte. Daneben fordern die Delegierten die Kirchen auf, sich stärker für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung einzusetzen. Die Teilnehmer der Versammlung rufen die Staaten in Europa auf, Zuwanderer nicht länger ungerechtfertigt zu inhaftieren. Die Kirchen sollten ihre Seelsorgearbeit unter den Zuwanderern verstärken. Außerdem empfiehlt die Abschlusserklärung „die Unterstützung von Initiativen zum Erlass der Schulden und zur Förderung des gerechten Handels“.
Die Generalsekretärin des deutschen Baptistenbundes, Regina Claas (Elstal), zog eine „alles in allem“ positive Bilanz des Treffens. Sie sprach gegenüber dem EBPS von einem „Erfolg“: „Vor 50 Jahren wäre es nicht möglich gewesen, dass Christen so unterschiedlicher Prägungen miteinander ihren Glauben an Jesus Christus feiern. Das wird häufig vergessen, wenn es um Fortschritte in der Ökumene geht.“ Sie sei mit dem Ziel nach Hermannstadt gereist, möglichst viel von der Spiritualität der Orthodoxen kennen zu lernen: „Denn Liturgie ist uns Baptisten eher fremd. Leider war das Programm zu voll, um tiefer miteinander ins Gespräch zu kommen.“ Bei den Diskussionen im Plenum hätte sie sich eine stärkere Beteiligung der Delegierten gewünscht.
Die Generalsekretärin des Baptistenbundes von Schweden, Karin Wiborn (Sundbyberg), unterstrich ebenfalls, dass es wichtig sei, dass Baptisten den Kontakt zu den Gläubigen anderer Konfessionen gesucht hätten. Am tiefsten beeindruckt habe sie die Rede eines orthodoxen Priester über Spiritualität: „Da habe ich Anregungen für mein eigenes Glaubensleben erhalten.“ Dem Abschlussdokument konnte sie zustimmen. Sie hofft, dass die zehn Empfehlungen von den Baptisten in Europa aufgegriffen werden.
Tony Peck hatte bei der Eröffnungsveranstaltung ein kurzes Grußwort gesprochen. Darin drückte er seine Hoffnung auf, dass das Treffen dazu beiträgt, eine erneuerte Vision von der Macht des Evangeliums zu erlangen – „um Antworten auf die größten Nöte in Europa zu finden.“ Nach dem Treffen fiel sein Fazit etwas gedämpfter aus. Die baptistische Stimme habe kaum zu Gehör gebracht werden können. Doch alleine das Zustandekommen des Treffens sei bereits ein Erfolg gewesen. Christen hätten gemeinsam die Aufgabe, „Gottes Reich in Europa zu bauen“.
Erfreut zeigte sich Peck, dass der Vorsitzende der EBF-Kommission gegen Zwangsprostitution, der Schwede Sven-Gunnar Liden, an dem Treffen teilgenommen und viele neue Kontakte geknüpft habe. Auch die Estin Helle Light (Prag) habe viele Christen getroffen, die wie sie an einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich Umweltschutz interessiert seien. Man hoffe nun, dass im Jahr 2008 eine EBF-Umweltschutz-Arbeitsgruppe gegründet werden kann. Das Treffen sei auch allein deshalb wichtig gewesen, weil die Baptisten aus ganz Europa mit der Baptistengemeinde in Sibiu zusammengetroffen seien. Jeden Abend habe man dort für das Gelingen der Tagung gebetet. Persönlich zeigte sich Peck geistlich bereichert von einem Taizé-Abend während der Tagung: „Dort wurde betont, dass wir unsere Einheit finden, wenn wir gemeinsam Gottesdienst feiern.“
Das Fazit der Vertreter anderer Konfessionen fiel ebenfalls eher ernüchternd aus. „Wir sind noch getrennt und wir haben diese Wirklichkeit auch hier gelebt“, erklärte der orthodoxe Metropolit Gennadios von Sassima (Istanbul) vor Journalisten. Nach Ansicht des Präsidenten der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK), Jean-Arnold de Clermont (Paris), sollten die trennenden Barrieren in theologischen Fragen, wie etwa der Abendmahlsgemeinschaft, in den kommenden Jahren abgebaut werden. Die Ökumene sei immer eine Basisbewegung gewesen. „Wenn an der Basis der Wille zur Gemeinschaft da ist, wird sich auch etwas bewegen“, so Clermont. Der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes, Ishmael Noko (Genf), äußerte die Hoffnung, dass Christen aller Konfessionen zum 500-jährigen Reformationsjubiläum im Jahre 2017 „gemeinsam am Tisch des Herrn Abendmahl feiern“.
Die 3. Europäische Ökumenische Versammlung war vom katholischen Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (St. Gallen) und der Konferenz Europäischer Kirchen (Genf) veranstaltet worden. Die ersten beiden Europäischen Ökumenischen Versammlungen fanden 1989 in Basel und 1997 in Graz statt.