Iraq: Abducted Peace Activists Probably in the Hands of Criminals
Irak: Entführte Friedensaktivisten vermutlich in Händen von Kriminellen
B a g d a d / L o n d o n (EBPS) - Der britische Baptist Prof. Norman Kember, der zusammen mit drei weiteren christlichen Friedensaktivisten am 26. November im Irak verschleppt wurde, befindet sich wahrscheinlich in den Händen von kriminellen und nicht von politisch oder religiös motivierten Geiselnehmern. Davon geht der Terrorismusexperte und ehemalige Berater des US-Geheimdienstes CIA, Paul Buchanan, aus.
Buchanan ist Dozent an der Universität von Auckland (Neuseeland). Er vermutet, dass derzeit über Lösegeld verhandelt wird. Die Entführer haben sich in zwei Videos als muslimische Gruppe „Schwerter der Rechtschaffenheit“ bezeichnet. In der Gewalt der Geiselnehmer sind neben Kember (74) der US-Amerikaner Tom Fox (54) sowie die Kanadier James Loney (41) und Harmeet Singh Sooden (32). Sie gehören den Christlichen Friedensstifter-Teams an. Die Entführer haben mit der Ermordung der Geiseln gedroht, wenn nicht sämtliche Häftlinge aus
Gefängnissen der US-Streitkräfte und der Bagdader Regierung freigelassen werden. Zwei Ultimaten sind Mitte Dezember verstrichen. Seitdem gibt es offiziell keinen Kontakt mehr zu den Entführern.
In England halten Christen regelmäßig Gebetstreffen für Kember und seine Mitstreiter ab. Unter anderem findet wöchentlich eine stille Mahnwache im Zentrum Londons statt. Die Baptistengemeinde in Harrow bei London, zu der Kember und seine Frau Pat gehören, hält ebenfalls regelmäßig Fürbittegottesdienste ab. Daran nahm unter anderem der Präsident des 34 Millionen Mitglieder zählenden Baptistischen Weltbunds, David Coffey (Didcot),
teil. Er rief alle Baptistengemeinden zur Solidarität mit Kember und den anderen Entführten
auf. Auch die Europäische Baptistische Föderation (EBF) hat zum Gebet für die Entführten aufgerufen. In Großbritannien gab es drei Großkundgebungen in Petersborough, Cambridge und London, um an das Schicksal der Entführten zu erinnern. Alle Christen wurden darüber hinaus aufgerufen, täglich um 12 Uhr für die Freilassung der Entführten zu beten.
Angehörige der Entführungsopfer haben in Anzeigen in der irakischen Presse, im Rundfunk und im Fernsehen dazu aufgerufen, die Geiseln freizulassen. Wörtlich heißt es in ihrer Erklärung: „Unsere Lieben wurden entführt. Sie haben sich für den Frieden eingesetzt und dem irakischen Volk geholfen. Zahlreiche religiöse Führer in der arabischen und islamischen Welt haben diese selbstlose Arbeit zum Wohl des Iraks gewürdigt und zur sofortigen Freilassung aufgerufen. Wir bitten auch darum, dass sie sicher zu uns zurückkehren können. Wenn Sie Informationen haben, die uns helfen, rufen Sie bitte an. Sie brauchen dabei nicht ihre Identität anzugeben.“
Wie die Londoner Zeitung „Times“ berichtet, hat Kembers Ehefrau Pat (72) im arabischen Satelliten-Fernsehen die Entführer um ein Lebenszeichnen von ihrem Mann gebeten. In britischen Regierungskreisen hegt man nun die Hoffnung, dass diese Bitte von den Entführern erfüllt wird.
Ferner wurde bekannt, dass in Bagdad das Büro einer muslimische Organisation, die sich ebenfalls für die Freilassung der westlichen Geiseln ausgesprochen hatte, von Unbekannten verwüstet wurde.
Die Zentrale der Christlichen Friedensstifter-Team in Kanada teilte in Toronto mit, dass ein Teammitglied am kommenden Freitag (20. Januar) nach Bagdad fliegen will: Der 70jährige Milchbauer Allan Slater möchte sechs Wochen in Bagdad bleiben, um sich so mit dem irakischen Volk solidarisch zu zeigen. „Wenn wir uns aus dem Irak zurückziehen würden, würden wir unsere Freude dort allein lassen“, begründete Slater seine Reisepläne. Er war bereits viermal im Irak. Er hofft, dass in der Zeit seines Aufenthaltes die Entführten freikommen. In seiner Reise sieht Slater auch eine politische Demonstration: „Kriege werden in der Regel von alten Männern begonnen, die junge Männer in den Kampf und in den Tod schicken. Es ist höchste Zeit, dass einige alte Männer das tun, was sie können, um der Welt zu sagen, was im Krieg wirklich passiert.“ Er rechnet nicht damit, dass diese Reise gefährlicher werde als seine bisherigen Irak-Aufenthalte.
Bei den Christlichen Friedensstifter in den USA ist man anderer Auffassung. „Unter den gegenwärtigen Umständen haben wir uns entschlossen, die für Februar 2006 vorgesehene Ausreise eines Teams in den Irak aufzuschieben“, teilte CFT-Mitarbeiter Doug Pritchard (Chicago) mit.