Soup Kitchens are Not Enough
Suppenküchen reichen nicht
Kassel – Nur Suppenkuchen zu betreiben, um Not zu lindern, reicht nicht aus. Davon ist die Mitkoordinatorin des Hilfswerks-Dachverbandes European Baptist Aid, die Estin Helle Liht (Prag), überzeugt. Nötig sei es vielmehr, den armen Menschen zum Nächsten zu werden, sagte sie in einem Vortrag zum Thema „Die Veränderung des Armutsbegriffs in einer sich verändernden Gesellschaft“ der Europahilfe (German Baptist Aid) des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden vor kurzem in Kassel. Menschen in Not dürften nicht zu Zahlen in Statistiken und Objekten von Sozialprogramm degradiert werden. „Wenn die Armen keine Namen mehr haben und zu Statistiken werden, dann wurde die Armut sogar noch vergrößert“, meinte Liht. „Wir sprechen davon, dass 200 Obdachlose unsere Suppenküche besucht haben. Wir fühlen uns gut, weil wir ihnen zu essen gegeben haben. Wir haben ihnen etwas Gutes getan. Aber ist die Suppe wirklich das, was ihnen hilft, ihr Leben zu verändern?“ Nötig sei es vielmehr, Beziehungen zu den Hilfsempfänger aufzubauen und die Grenze zwischen Gebern und Hilfeempfängern zu überwinden.
Liht wies darauf hin, dass Arme heute häufig arm seien, weil die Sozialstrukturen in den nachkommunistischen Ländern sie zu Armen gemacht hätten. Das gelte auch für die Opfer von gewalttätigen Konflikten etwa in Georgien, auf dem Balkan und im Nahen Osten. Manche Menschen seien durch „historische“ Gründe arm. Wer etwa in eine arme Familie hineingeborenen werde, habe es schwer, aus dieser „Klasse“ auszubrechen. Auch wenn man diese Menschen nicht kenne, müsse man sich als Christen fragen, ob sie nicht zu Nächsten werden könnten, sagte Liht unter Hinweis auf das biblische Gleichnis vom Barmherzigen Samariter.
Die Referentin verwies auf britische Entwicklungshilfeexperten, nach deren Erkenntnissen es sechs Bereiche von Armut gibt: materielle Armut, körperliche Schwäche, Isolation, Verletzlichkeit, Machtlosigkeit und geistliche Armut. Wer den Menschen helfen wolle, müsse alle Bereiche in Angriff nehmen, erläuterte Liht. Wer Menschen in Not helfe, schaffe eine Gemeinschaft, „wo Gott seine Macht zeigen kann – die Macht der Liebe, die Grenzen überwindet und Beziehungen schafft“.
Wie Gunnar Bremer (Brackenheim) vom Dienstbereich Mission und Leiter der Europahilfe sagte, seien die Äußerungen von Helle Liht für die Europahilfe programmatisch: „Das ist unser Ansatz, den wir immer mehr verwirklichen. Statt Almosen zu verteilen, fördern wir nachhaltige Projekte auf einer partnerschaftlichen Basis." Die Europahilfe unterstützt 56 Projekte mit einem Volumen von etwa 450.000 Euro im Jahr 2010. Neben Helle Liht engagiert sich auch Birgit Fischer (Elstal) als Koordinatorin für die Europahilfe.