Baptists Should Do More for Social Justice
Baptisten sollen mehr für soziale Gerechtigkeit eintreten
W a l s r o d e - Baptisten sollten sich mehr für soziale Gerechtigkeit einsetzen. Dazu haben führende Vertreter des Baptistischen Weltbundes (BWA) und des deutschen Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden aufgerufen. Auf der Bundeskonferenz des deutschen Bundes Ende Mai in Walsrode-Krelingen wies der Generalsekretär des Baptistischen Weltbundes, Dr. Denton Lotz (Falls Church bei Washington), darauf hin, dass Gottesdienste zum Dienst an anderen Menschen vorbereiten sollten. Wenn sie statt dessen nur dazu dienten, bei den Besuchern schöne Gefühle zu wecken, seien sie überflüssig. Es gelte auch von Jesus Christus zu lernen: „Er ist derjenige, der den Hungrigen Essen gibt, den Durstigen Wasser, die gute Nachricht den Armen predigt.“ Lotz nannte Beispiele: „Wir müssen nicht nur gegen Abtreibung sein. Wir müssen gegen eine Struktur ankämpfen, die junge Männer in den Krieg schickt.“ Es sei komisch, „dass diejenigen, die gegen Abtreibungen sind, oft den Krieg bejahen, und diejenigen, die für Abtreibungen sind, gegen den Krieg sind.“ Christen müssten gleichzeitig gegen beide sein. Es reiche auch nicht aus, nur die Homosexualität zu verurteilen: „Wir müssen ein christliches Verständnis der menschlichen Sexualität entwickeln.“ Man könne nicht einfach über die hohe Zahl der Scheidungen hinwegsehen. Es gelte auch gegen die Internet-Pornographie anzugehen, „die so viele Männer verdirbt und die ein Hindernis ist, Gott zu finden“. Man könne auch nicht in Afrika nur das Evangelium predigen, wenn zugleich täglich Hunderte an Aids sterben und Waisenkinder zurück ließen. Ein „Pietismus des Herzens“ und eine „außerweltliche Geistlichkeit“ reiche angesichts dieser Nöte nicht aus.
Der Präsident des deutschen Baptistenbundes, Pastor Siegfried Großmann (Seesen), sagte auf dem Treffen unter dem Motto „Missionarisch leben – hinsehen und handeln“ den 1.100 Delegierten und Besuchern, dass nicht nur die Ortsgemeinden zum Handeln aufgefordert seien. Es gehe auch um die Frage, „ob unsere regionalen, nationalen und globalen Lebensverhältnisse gerecht oder ungerecht sind“. Generalsekretärin Regina Claas (Elstal) wies in ihrem Bericht darauf hin, dass der missionarische Auftrag „dringender den je“ sei. Sie nannte Beispiele, wo sich Baptisten bereits sozial engagierten, etwa in der Stiftung Chance zum Leben, die Frauen in Schwangerschaftskonflikten unterstützt, im weltweiten baptistischen Netzwerk gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution und der „Micha-Initiative – Gemeinsam gegen Armut“. In dem Zusammenhang rief die Theologin die Mitglieder ihrer Freikirche auf, „einen bescheidenen Lebensstil zu pflegen“. Dazu gehöre auch das Gebet. Der Bund sieht sich besonders durch die aktuellen Entwicklungen in der „Colonia Dignidad“ in Chile herausgefordert. Viele der rund 200 Einwohner dieser umstrittenen Deutschen-Siedlung, überwiegend ehemalige Baptisten, wollen in ihre Heimat zurückkehren. Die Siedlung war 1961 vor dem deutschen Diakon Paul Schäfer gegründet worden. Er zwang seine Anhänger zu Arbeit als eine Form des Gottesdienstes. Viele Jungen wurden von Schäfer auch sexuell missbraucht. Inzwischen ist Schäfer verhaftet und zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Wie Regina Claas sagte, wisse man sich durch die gemeinsame Geschichte und auch Familienbanden mit den Bewohnern der Siedlung verbunden und wolle ihnen helfen, in Deutschland oder Chile ein neues Leben aufzubauen.
Pastor Friedrich Schneider (Elstal), Leiter des Dienstbereichs Gemeindeentwicklung, gab bekannt, dass der Bund im vergangenen Jahr nur ein kleines Wachstum in Höhe von 143 Mitgliedern oder 0,2 Prozent auf 85.194 Mitglieder verzeichnet habe. „Für diese Entwicklung sind wir dankbar, denn andere Kirchen und gesellschaftliche Gruppen haben oft mit sinkenden Mitgliederzahlen zu kämpfen“, sagte Schneider. Auch der Trend beim Gottesdienstbesuch sei positiv. Er liege jetzt durchschnittlich bei rund 83.600 Besuchern (98,1 Prozent). Ziel müsse es jedoch sein, den Gottesdienstbesuch auf 100 Prozent zu steigern. Ferner wies er darauf hin, dass immer mehr Gemeinden Christen als Mitglieder ohne vorherige Gläubigentaufe aufnehmen. Eine grundsätzliche Anerkennung der Kindertaufe ist damit nicht verbunden. Einer Umfrage zufolge halten 76 Prozent aller Gemeinden an der traditionellen baptistischen Regelung fest, nach der nur „gläubig Getaufte“ Mitglieder werden können. In 27 Prozent aller Gemeinden gibt es eine „Sonderregelung in begründeten Aufnahmefällen“ und 7 Prozent nehmen „Menschen aufgrund ihres Glaubenszeugnisses auf, die als Säuglinge getauft wurden“.
Ein Vertreter der lutherischen Landeskirche Hannovers, Oberkirchenrat Dr. Hans Christian Brandy, bezeichnete in einem Grußwort das baptistische Taufverständnis als “großen geistlichen und ökumenischen Schmerz”. Er rief die Baptisten dazu auf, „bitte weiter über Alternativen nachzudenken“: Es schmerze, wenn bei den Baptisten (als Säuglinge) „getaufte Menschen getauft werden“. Wie Brandy sagte, habe sich beim Taufverständnis in den lutherischen Kirchen „viel bewegt“. So sehe man die Gläubigentaufe „sehr viel entspannter“ und würdige sie positiv: „Immer mehr Menschen werden auch bei uns als ältere Kinder, als Jugendliche und Erwachsene getauft.“ Brandy begrüßte in dem Zusammenhang die Gespräche zwischen der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) und der Europäischen Baptistischen Föderation (EBF). Dabei sei festgehalten worden, dass „Übereinstimmung besteht in wesentlichen Fragen des Glaubens und im gemeinsamen Verständnis des Evangeliums“.
In einem Seminar wies einer der Sprecher der charismatisch geprägten Geistlichen Gemeinde-Erneuerung der deutschen Baptisten, Pastor Dr. Heinrich Christian Rust (Braunschweig), darauf hin, dass Heilungsdienste, bei denen mit Gottes übernatürlichem Eingreifen gerechnet wird, in Gemeinden genau so selbstverständlich sein sollten wie evangelistische Veranstaltungen. Die Bibel rufe dazu auf, das Evangelium zu predigen und Kranke zu heilen. Es entspreche dem Wesen Gottes, dass Menschen geheilt werden. Zugleich warnte Rust vor überzogenen Erwartungen: „Nicht alle Menschen werden geheilt.“ Auch bei Evangelisationen entziehe es sich der Einflussmöglichkeit der Gemeinde, dass Menschen Christen werden. Rust warnte davor, bei nicht eingetretenen Heilungen den Fehler bei sich selber oder in der Gemeinde zu suchen: „Das Reich Gottes ist angebrochen, aber noch nicht vollendet.“ Nicht biblisch sei auch die Ansicht, dass Krankheiten als Strafe Gottes aufgefasst werden. Rust wies darauf hin, dass Wunder Gottes als glaubensweckend und glaubensstärkend erfahren würden.
In einer Entscheidung sprach sich der Bundesrat dafür aus, die Gesellschaftsanteile des Bundes am Oncken-Verlag in Kassel an die Oncken-Stiftung zur Förderung Evangelisch-Freikirchlicher Publizistik zu übertragen. Wie es hieß, sei es nicht Aufgabe einer Kirche, einen Verlag zu führen.