German Baptist Membership Numbers Once Again Slightly Down
Deutsche Baptisten verlieren weiter leicht Mitglieder
Kassel - Der leichte Mitgliederverlust im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden dauert an. Das gab Pastor Friedrich Schneider (Oldenburg) von der Bundesgeschäftsführung der zu 90 Prozent aus Baptisten bestehenden Freikirche auf der Bundesratstagung in Kassel bekannt. Der Bundesrat ist das höchste beschlussfassende Gremium. 2011 verlor die Freikirche 490 Mitglieder (-0,6 %). Sie hat nun bundesweit 82.174 Mitglieder. Die Zahl der Gemeinden sank im gleichen Zeitraum von 814 auf 809. In ihnen wurden im vergangenen Jahr 1.599 Personen getauft; das waren 154 weniger als 2010. Das ist ein Rückgang um 8,8 % und zugleich ein neues Rekordtief.
In den Beratungen der 553 Delegierten ging es auch um die Frage, ob sich die Gemeinden stärker für Christen öffnen sollen, die an der Gültigkeit ihrer Kindertaufe festhalten und durch eine seelsorgerliche Ausnahmeregelung als Mitglieder oder Gastmitglieder aufgenommen werden könnten. Schneider präsentierte dazu eine Online-Umfrage, an der sich 405 Gemeinden beteiligten. 46 % halten ohne Ausnahme an der traditionellen Praxis fest, nur gläubig getaufte Christen aufzunehmen. In allen anderen Gemeinden gibt es Sonderregelungen, etwa die Aufnahme durch ein Bekenntnis zum christlichen Glauben als Mitglied oder Gastmitglied. Schneider bat die Gemeinden, verstärkt über solche Sonderregelungen nachzudenken. Denn die Erfahrung zeige, dass Gemeinden mit einer offeneren Aufnahmepraxis auch höhere Taufzahlen verzeichneten.
Für eine grundsätzliche Anerkennung der Kindertaufe „als legitime Auslegung des einen Evangeliums“ hatte sich ein Konvergenzdokument ausgesprochen, das nach einem sechsjährigen Dialog zwischen Lutheranern und Baptisten im Bundesland Bayern im April 2009 veröffentlicht worden war. In Kassel legte die Freikirche dazu jetzt einen Zwischenbericht einer Theologischen Arbeitsgruppe vor. Wie es darin heißt, gebe es in dieser Frage keinen Konsens. Zwischen Lutheranern und Baptisten müssten weitere Gespräche geführt werden. Der baptistische Theologiedozent Prof. Uwe Swarat (Elstal bei Berlin) verwies in einer Bibelarbeit darauf, dass die Reihenfolge von Glauben und Taufe nicht beliebig sei. Im Neuen Testament komme das Christwerden vor der Taufe. Swarat lehnte es ab, einen Kompromiss in der Frage zu schließen, um damit die Einheit der Christenheit in der Taufe zu unterstreichen: „Das wäre eine von Menschen gemachte Einheit.“
Eine positive Bilanz der Bundesratstagung zogen Präsident Hartmut Riemenschneider (Pinneberg) und Generalsekretärin Regina Claas (Elstal bei Berlin). Die Tagung habe dazu beigetragen, „nach vorne zu gucken und missionarisch aufzubrechen“. Auch wenn die Zahl der Mitglieder im vergangenen Jahr leicht gesunken sei, gebe es in immer mehr Gemeinden eine echte Aufbruchstimmung. Gerade sozialdiakonische Aktionen, denen sich viele Gemeinden verpflichtet wüssten, hätten zu der Einschätzung geführt: „Gott tut in unserer Stadt etwas.“ Nach Angaben von Riemenschneider dürfe man „nicht nur auf die Statistik blicken“. Gemeindewachstum schlage sich nicht nur in der Mitgliedschaft nieder. So wachse in vielen Gemeinden die Zahl der Gottesdienstbesucher deutlich. Die beiden bedauerten jedoch, dass von den 809 Gemeinden nur 362 oder 45 % in Kassel vertreten waren.
Dass in den protestantischen Landeskirchen deutlich mehr Menschen als Erwachsene getauft werden als in der Freikirche – in den Baptisten- und Brüdergemeinden waren es 2011 1.599 Personen, in den EKD-Gliedkirchen 2010 18.957 Personen –, sehen die beiden leitenden Baptisten als „Grund zur Freude“ und nicht als unliebsame Konkurrenz. Nach Einschätzung von Riemenschneider und Claas gehört den Freikirchen als Freiwilligkeitskirchen die Zukunft. Die beiden sehen Anzeichen dafür, dass sich auch in den Großkirchen bei vielen Verantwortlichen die Erkenntnis durchsetzen, dass Kirche auch als Freiwilligkeitskirche funktionieren könne.
Wie ferner bekannt wurde, wollen die Baptisten die Gründung neuer Gemeinden stärker fördern. Dafür haben sie Pastor Klaus Schönberg (Waldeck) als Referenten für Gemeindegründung berufen. Der 54-jährige Pastor tritt seine halbe Stelle im Dienstbereich Mission zum 1. Juli an. Er soll neue Gemeindegründungen anstoßen, vorhandene Initiativen schulen, beraten und miteinander vernetzen sowie neue Konzepte entwickeln. Neben der halben Stelle ist Schönberg als Dozent für Evangelistik am Forum Wiedenest (früher: Missionshaus Bibelschule Wiedenest) tätig und leitet das Gemeindeberatungsinstituts „Paradiesprojekt“.