Learning Church Growth from Malawi
Von Malawi lernen, wie Gemeinden wachsen
Kassel – In Deutschland haben die Kirchen besondere Rechte. Der Staat hat den Landes- und vielen Freikirchen den Status der „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ zugebilligt. Das besagt, dass eine Kirche alle sie betreffenden Rechtsfragen eigenverantwortlich und unabhängig von staatlichen Gesetzen regeln kann. Der zu 90 Prozent aus Baptisten bestehende Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden hat dieses Recht seit 1930. Doch bisher fehlten die entsprechenden Ordnungen. Die hat der Bund auf seiner diesjährigen Ratstagung in Kassel auf den Weg gebracht, darunter eine eigene Gerichtsbarkeit. Die Aussprache dazu verlief kontrovers. Kritik kam vor allem von Gemeinden mit eigenen Körperschaftsrechten, die nun weniger stark wiegen als die des Bundes. Delegierte bedauerten auch, dass der Bund sich mit den Ordnungen stärker als Kirche und nicht länger als eine Missionsbewegung verstehe.
In ihrer Arbeit will sich der Bund in den nächsten fünf Jahren vom Baptistenbund im südostafrikanischen Malawi inspirieren lassen. Das steht in einem Partnerschaftsvertrag, der in Kassel unterzeichnet wurde. Die deutsche Generalsekretärin Regina Claas (Elstal bei Berlin) sagte, die Baptisten in Deutschland könnten von denen in Malawi lernen – etwa wie man neue Gemeinden gründet. Denn in Malawi entsteht fast täglich eine neue Gemeinde. Der Baptistenbund dort hat 200.000 Mitglieder in 1.500 Gemeinden. Der Generalsekretär des malawischen Baptistenbundes, Vincent Chirwa (Blantyre), rief die Deutschen auf, im Alltag Jesus Christus zu bekennen und sich nicht von der weit verbreiteten Haltung bremsen lassen, dass man über Glaubensfragen nicht öffentlich spricht.
Claas mahnte entsprechend einen neuen missionarischen Aufbruch an. Alle Mitarbeiter müssten ihre Begabungen und Kompetenzen einsetzen, „um Menschen für Jesus zu gewinnen“. Dahinter steht die Beobachtung, dass die größte deutsche Freikirche seit Jahren einen leichten Mitgliederschwund erleidet. Was tun? Nach den Worten des Präsidenten, Hartmut Riemenschneider (Marl), müssen sich Gemeinden neu für Menschen öffnen. Dass man dies schon tue, seien mitunter „reine Lippenbekenntnisse“. Denn oft gehe man gar nicht auf die Bedürfnisse der Besucher ein. Er wies ferner Kritik zurück, der Bund „verkirchliche“. Für Außenstehende sei es eine Hilfe, vom Bund als Kirche zu reden: „Das dient der Klarheit.“ Riemenschneider wurde mit 97,5 % für zwei Jahre im Amt als Präsident bestätigt.
Im vergangenen Jahr hat der Bund 621 Mitglieder (-0,75%) verloren. Ihm gehören deutschlandweit 82.664 Personen an. Vor 15 Jahren waren es noch knapp 88.000. Rückläufig ist auch die Zahl der Gemeinden: Sie sank von 823 auf 814 (-1,1 %). In den Gemeinden gab es 1.753 Taufen, 152 weniger als im Vorjahr. Das ist erneut – wie 2009 – ein Tiefststand. Fünf Gemeinden wurden aufgenommen, zwei Baptistengemeinden und drei Brüdergemeinden.