Power Production: May Wheat be Burned as Fuel?

Energiegewinnung: Weizen verheizen?

Klaus Rösler - November 01, 2006

P r a g – Darf man Weizen verheizen? Für den Rektor des Internationalen Baptistischen Theologischen Seminars (IBTS), Keith Jones (Prag), ist dies eine ethisch verantwortbare Zwischenlösung auf der Suche nach besseren Formen zur Energiegewinnung. Das IBTS ist stark an Fragen des Umweltschutzes interessiert. Es organisiert immer wieder Fachtagungen zu ökologischen Fragen aus christlicher Perspektive. Wie Jones auf Anfrage dem EBPS sagte, müsse allerdings die Frage der Energieversorgung global betrachtet werden „Weizen ist ähnlich beschaffen wie Biodiesel, der von umweltbewussten Menschen als echte Alternative zum nicht erneuerbaren fossilen Erdöl angesehen wird.“ Doch er sei nicht so umweltfreundlich wie Energie, die aus Windkraft, der Sonne, Wasser und durch die Gezeiten erzeugt wird. Andererseits spiele die Energie aus Biomasse eine wichtige Rolle, um die begrenzten Vorräte an fossilen Energieträgern wie Öl, Gas und Kohle zu erhalten.

„Angesichts der Überproduktion von Weizen in Europa als Folge der Agrarpolitik der Europäischen Union ist es ethisch vertretbar und auch vernünftig, Weizen und auch andere Bioenergieträger wie Holz oder Biomasse zur Energiegewinnung einzusetzen“, so Jones. Wer ethische Bedenken habe, weil in manchen Regionen der Erde die Menschen nicht genug zu essen hätten, dürfe zwei wichtige Faktoren nicht ausblenden. Jones: „Erstens: Der Transport von Nahrungsmitteln von der ersten Welt in unterentwickelte Länder verursacht auch Umweltschäden und sollte – abgesehen von Nothilfeprojekten – nicht einfach erfolgen. Zweitens und wichtiger: Wir müssen der Zwei-Drittel-Welt helfen, unabhängig bei der Nahrungsversorgung zu werden.“ Jones erinnerte daran, dass Weizen in vielen Teilen Asiens und Afrikas kaum als Nahrungsmittel verwendet werden. Die reichen Nationen könnten den meisten Bauern in unterentwickelten Ländern am besten helfen, indem den betroffenen Ländern die Schulden entlassen würden. Dann könnten die Landwirte jene Nahrungsmittel anbauen, die die Bevölkerung wirklich benötige, statt wie bisher Lebensmittel für den internationalen Markt zu produzieren, um der eigenen Regierung die Schuldentilgung zu ermöglichen. Jones: „Dafür treten Bewegungen ein wie Make Poverty History (Die Armut Geschichte werden lassen) und die Micha-Initiative.“ Christen seien aufgefordert, in einer globalisierten Welt stärker die Zusammenhänge mit in ihre Überlegungen einzubeziehen: „Wir müssen den 40 ärmsten Nationen die Schulden erlassen.“ Zusätzlich müsse man die Regierungen und Energieversorger ermutigen, verstärkt auf erneuerbare Energien zu setzen. Jones: „In einem solchen Szenario kann der Einsatz von Biomasse und auch die Verbrennung von Weizen für einen begrenzten Zeitraum ethisch und auch aus Gründen des Umweltschutzes durchaus eine Rolle spielen.“ Das IBTS ist eine Einrichtung der Europäischen Baptistischen Föderation (EBF).

Anlass für die Frage an das IBTS ist eine innerkirchliche kontrovers geführte Diskussion in Deutschland. Der braunschweigische Landesbischof Friedrich Weber (Wolfenbüttel) hatte sich für die Getreideverbrennung ausgesprochen, wenn es sich dabei um Restgetreide oder minderwertige Qualitäten handele, die nicht der menschlichen Nahrungskette zugeführt werden. Weber hatte auch darauf hingewiesen, dass der Marktpreis für Weizen seit 1999 unter seinem Heizwert liege. Dagegen lehnt der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfred Buß (Bielefeld), eine Getreideverbrennung zur Energiegewinnung ab: „Wenn wir das Symbol Brot verbrennen, dürfen wir uns nicht wundern, dass den Leuten alles egal ist.“

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