Turkey: Threats Against Christians on the Increase
Türkei: Bedrohungen von Christen nehmen zu
M a l a t y a / I z m i r – Nach der Ermordung von drei Mitarbeitern des christlichen Zirve-Verlags im türkischen Malatya im 18. April durch islamistische Extremisten hält die Bedrohung von Christen in dem Land an. Der Pastor der Baptistengemeinde in Izmir, Ertan Cevik, sagte dem Europäischen Baptistischen Pressedienst (EBPS), dass er von einer Lokalzeitung in seinem Stadtteil massiv verunglimpft worden sei. Auf der Titelseite berichtete das im Stadtteil Buca erscheinende Blatt: „Buca ist das neue Zentrum der Missionare und ihr Leiter ist Ertan Cevik. In der Kirche werden die Gehirne gewaschen und die jungen Menschen mit Geld angelockt. Die Christen machen die Studenten mit Rauschgift gefügig.“ Cevik hat inzwischen Strafanzeige gegen den Autor gestellt. Die Angriffe seien haltlos. Seinem Antrag auf Polizeischutz für sich und seine Familie wurde sofort stattgegeben. Auch die Gottesdienste der Gemeinde werden von Sicherheitskräften geschützt.
Bei dem Vorfall in Malatya waren der Deutsche Tilmann Geske (45), und die beiden Türken Necati Aydin (35) und Ugur Yuksel (32) zunächst gefoltert und dann ermordet worden, indem ihnen die Kehlen durchgeschnitten wurden. Die Polizei hat inzwischen elf Tatverdächtige festgenommen. Die fünf gleich nach der Tat verhafteten 19- und 20-jährigen Männer lebten in einem islamischen Studentenheim. Auf Zetteln, die sie in ihren Taschen trugen, hatten sie erklärt: „Das soll den Feinden unserer Religion eine Lehre sein. Wir haben es für unser Land getan.“
Geske lebte seit 1997 in der Türkei, davon die letzten vier Jahre in Malatya. Der in der Schweiz ausgebildete Theologe arbeitete als freiberuflicher Übersetzer und Computerfachmann. Yuksel war bereits einen Tag nach seiner Ermordung nach islamischem Ritus beigesetzt worden, da seine Eltern bezweifelten, dass er zum christlichen Glauben übergetreten sei.
Bei der Beisetzungsfeier für Aydin im Hof der Baptistengemeinde in Izmir erneuerte der Vorsitzende des Vereins protestantischer Freikirchen in der Türkei, Ihsan Özbek (Ankara), seine Kritik am christlichenfeindlichen Klima. Die seit Jahren ausgestreute Saat der Intoleranz, des Rassismus und der Christenfeindlichkeit gehe auf. Christen würden verfolgt und lebten in Angst: „Wir werden als potentielle Kriminelle und Verräter präsentiert.“ Gegenüber der Presse gab sich Özbek besorgt: „Wir wissen sehr gut, dass die Morde von Malatya nicht die letzten gewesen sein werden.“ Dem türkischen Nachrichtensender NTV zufolge haben weitere christliche Einrichtungen Drohungen erhalten - drei Druckereien, ein Verlag und eine Radiostation. An der Trauerfeiern nahmen rund 500 Besucher teil, darunter auch offizielle Vertreter der Stadt Izmir. Aydin, ein ehemaliger Moslem, war mit dem bekannten Jesus-Film in der Türkei unterwegs. Im Osterprogramm des Fernsehsenders Turk-7 moderierte er eine Sendung über das Leben Jesu Christi. Im Oktober hatte er in Ankara ein Theologiestudium begonnen. Sein Sarg wurde unter den Klängen des Lieds „Die Güte des Herrn hat keine Ende“ in die Trauerfeier getragen. Aydin hinterlässt seine Frau und zwei fünf und sechs Jahre alte Kinder. Betroffenheit hinterließ bei vielen Besuchern die Reaktion seiner Kinder. Sie wollten von ihrer Mutter wissen, warum überall so viele Bilder von ihrem Vater aufgestellt seien. Die Antwort der Mutter „Wir feiern hier ein Fest für Papa“ wurde landesweit vom Fernsehen ausgestrahlt.
Unterdessen hat der deutsche Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden zum Gebet für die Christen in der Türkei sowie für verfolgte Christen weltweit aufgerufen. Die Bedrohung für Christen nehme weltweit ständig zu. Zur Begründung wird auf Angaben des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit und der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte verwiesen. Demnach sind rund 75 Prozent aller religiös Verfolgten auf der Welt Christen, bei den aus religiösen Gründen Ermordeten sind es rund 80 Prozent. Der Aufruf wurde von der Generalsekretärin Regina Claas (Elstal), dem Leiter des Dienstbereichs Mission, Wilfried Bohlen (Leichlingen), und dem Leiter des Hilfswerks „Europahilfe“, Karl-Heinz Walter (Rellingen bei Hamburg), unterzeichnet. In dem Aufruf werden konkrete Gebetsanliegen genannt. Unter anderem heißt es: „Wir beten, dass die Regierenden und die Verantwortlichen in den Medien in der Türkei sich den radikalen Islamisten machtvoll entgegenstellen; und dass die Moslems und moslemischen Gemeinden, die sich für Frieden und Verständigung einsetzen, aus diesen Ereignissen gestärkt hervorgehen und größeren Einfluss gewinnen."